Thema des Monats: Darmparasitosen
Unser heutiges Thema sind Darmparasitosen. „Wie bitte, Parasiten? Was soll das denn? Die gibt es doch nur in den Tropen, und nicht bei uns !!!“ Das denken zumindest die meisten Menschen, aber damit liegen Sie (leider) falsch. Parasitäre Erreger sind überall um uns herum, sozusagen omnipräsent. Wir widmen uns heute den Parasiten im Darm, diese können zu einer Reihe von Symptomen führen bzw. beitragen.
Key Message für Kurzleser:
Parasitosen existieren auch in unseren Breitengraden und sind keine Rarität. Es wird nur nicht mehr ausreichend danach gesucht. Der Wissensstand bzgl. dieser Erreger in der ärztlichen Community ist, sagen wir es mal nett, optimierbar. Im Darmbereich können Sie zu zahlreichen Symptomen führen. Gerade schwere Verläufe z.B. von einer SIBO, eines Reizdarmsyndroms, von Nahrungsmittelallergien bzw. Unverträglichkeiten, Histamin-assoziierte Beschwerden und persistierende Leaky Gut Konstellationen, welche auf eine naturheilkundliche klassische Therapie nicht ansprechen, uvm. sollten zu einer näheren Diagnostik in diesem Bereich führen. Meine Therapie ist in der Regel eine Kombination aus Naturheilkunde und Schulmedizin.
Inhaltsverzeichnis
Hintergrund zum Thema Darmparasitosen
Darmprobleme nehmen in den letzten Jahren bei vielen Menschen immer stärker zu. Häufig wurden diese bereits ausführlich schulmedizinisch mittels Endoskopien, laborchemischen Untersuchungen und hin und wieder auch mittels Atemtests abgeklärt (Anmerkung: wobei hier meist der (wichtigste) Atemtest auf ein SIBO vom Methan oder Wasserstofftyp fehlt).
Jedoch wird immer weniger bzw. kaum an die Möglichkeit einer Infektion mit Parasiten gedacht, welche den Darm krankhaft verändern können. Dies sieht man unter anderem auch am Rückgang der Verordnungen von Parasitenmedikamenten innerhalb der letzten Jahrzehnte. War es vor 2-3 Jahrzehnten noch üblich, dass Ärzte, vor allem bei Kindern und auch Hausärzte bei Darmbeschwerden je nach Klinik ein Medikament zur Parasitentherapie verordnet haben, ist dies heutzutage kaum mehr anzutreffen.
Das Medizinstudium, die Facharztausbildung und Parasiten
Ich bin Facharzt für Innere Medizin und Gastroenterologie und habe den größten Teil in einer Universitätsklinik absolviert. Im Rahmen meiner Ausbildung zum Facharzt für Allgemeine Innere Medizin und auch danach während meiner Ausbildungszeit zum Facharzt für Gastroenterologie habe ich darüber annähernd nichts gelehrt bekommen. Es spielte eine stark untergeordnete bzw. keine relevante Rolle.
Mein Wissen habe ich mir im Verlauf selbst aus schulmedizinischen Lehrbüchern durch Eigenstudium, durch Fortbildungen und durch das Lesen vieler medizinischer Artikel angeeignet. Daher kann man als Betroffener leider nicht damit rechnen, dass diese Ursachengebiete der Medizin im Rahmen der Regelversorgung standardmäßig beachtet oder abgeklärt werden. In Deutschland werden diese Erkrankungen oft von Tropenmedizinern und Infektiologen stärker behandelt.
Was versteht man überhaupt unter Parasitismus?
Parasitismus (auch Schmarotzertum) definiert die Beziehung zwischen zwei Arten, bei der der Parasit einen Wirt zum eigenen Vorteil ausbeutet und dabei dem Wirt schadet, ihn in der Regel aber nicht tötet. Demgegenüber unterscheidet man noch die Symbiose, hier liegt ein gegenseitiger Nutzen des Zusammenlebens für beide Arten vor und den Kommensalismus. Bei Letzterem liegt der Nutzen des Zusammenlebens nur auf Seiten des sogenannten Kommensalen, der Wirt wird dabei aber im Unterschied zum Parasitismus nicht geschädigt.
Der Übergang von Symbiose, Kommensialismus und Parasitose ist oft fließend:
Manche Darmparasiten halten sich im Darmlumen und im Nahrungsbrei auf und nehmen sich einen Teil der Nahrung, ohne dass der befallene Mensch davon Schaden nimmt, ganz ähnlich wie die typischen Darmbakterien. Hier verhält sich der Erreger dann eher als Kommensale. Ebenso lebt eine große Zahl an Bakterien, Viren und Pilzen in unserem Darm, ohne dass wir davon Schaden nehmen. Einige Bakterienarten sind für unser Überleben sogar sehr wichtig geworden und übernehmen notwendige Aufgaben zur Aufrechterhaltung unseres Wohlbefindens.
Wichtig ist ein intaktes Immunsystem im Darm. Ca. drei Viertel unseres Immunsystems sitzt im Darm (MALT = Mukosa Associated Lymphatic Tissue). Hierbei hat zur Abwehr von krankmachenden Erregern zum Beispiel das sekretorische IgA, ein Antikörper, welcher auf der Schleimhaut sitzt, extrem wichtige Aufgaben neben anderen Mechanismen. Diesen bestimmen wir im Rahmen der Stuhldiagnostik. Häufig sieht man bei Darmparasitosen niedrige sIgA Werte, dies deutet auf ein geschwächtes intestinalen Immunsystem hin. Ein schwaches intestinales Immunsystem führt regelhaft leichter zu Infektionen mit krankmachenden Erregern und zu einer sog. „verminderten Kolonisationsresistenz“ (=verminderte Widerstandskraft gegen die Ansiedelung krankmachender Erreger).
Darmparasitosen – Übertragung
Es kann zu einer Übertragung durch den Verzehr von kontaminierten Lebensmitteln oder Wasser kommen oder auch durch den Kontakt mit infizierten Personen oder Tieren sowie der Aufenthalt in Gebieten mit schlechter hygienischer Infrastruktur. Vor allem bei Patienten mit einer Immunschwäche kann es leichter zu einer Infektion mit Parasiten kommen, welche beim Menschen Probleme verursachen können (humanpathogene Parasiten). Haustiere (Hunde, Katzen etc.) sind häufig auch stark mit Parasiten besiedelt und können als Überträger fungieren. Die Frage nach Haustieren ist immer ein essentieller Bestandteil meiner Anamnese. Präventiv ist unter anderem auf eine gute Hygiene zu achten.
Symptome von Darmparasitosen
Bei Darmparasitosen führen parasitäre Erreger im Darm zu Beschwerden. Es gibt verschiedene Arten von Darmparasiten, darunter zum Beispiel die Einzeller, auch Protozoen genannt, und die Helminthen (Würmer). Diese sind häufig anzutreffen und es gibt, wie gesagt, eine breite Palette an Erregern. Symptome, welche bei einer Erkrankung auftreten, sind im Akutstadium vor allem Durchfall, Bauchschmerzen, Übelkeit und Erbrechen. Im Verlauf kann es aber auch zu einer Chronifizierung kommen, z.B. bei der Lambliasis und es kann unter anderem auch eine Verstopfungsneigung entstehen, Gedeihstörungen bei Kindern und Gewichtsverlust (siehe auch meinen Newsletter zur Lambliasis).
Generell können die Symptome von Darmparasitosen von Person zu Person variieren. Häufig kommt es bei längerem Bestehen auch zu Mangelzuständen an Vitaminen und Mineralstoffen. Ebenso kann sich daraus ein Leaky Gut Syndrom, eine bakterielle Fehlbesiedelung des Dünndarms (SIBO), Nahrungsmittelallergien, Reizdarmbeschwerden und vieles mehr entwickeln. Weitere Symptome können Blähungen, Gewichtsverlust, Müdigkeit und Appetitlosigkeit sein. Grundsätzlich sollte man bei therapeutisch schweren bzw. durch eine klassische Therapie nicht verbesserbaren Beschwerden einen Blick in diese Richtung werfen.
Diagnostik von Darmparasiten
Die Diagnostik vom Parasiten ist zugegebenerweise sehr schwierig. Früher wurde bei einem Verdacht regelhaft mikroskopiert. Jedoch muss der Stuhl kurz nach Abnahme mikroskopisch untersucht werden und dies mehrfach, da nicht in jeder Stuhlprobe, auch bei einem Befall, Parasiten nachweisbar sind. Am besten sollte der zu untersuchende Stuhl noch warm sein und mehrere Proben sollten abgenommen werden. Eine negative Stuhlprobe schließt einen Parasitenbefall nicht aus. Leider führt die mikroskopische Stuhldiagnostik heutzutage keiner mehr in dieser Form durch. Heutzutage wird der Stuhl zur Mikroskopie meist versandt. Jedoch ist die Aussagekraft dann deutlich reduziert, wenn das Probenmaterial nicht frisch behandelt wird.
Stattdessen bietet sich die PCR (Polymerasekettenreaktion ) an, da hier die Anforderungen an die Probe nicht in der Form bestehen, wie bei der Mikroskopie. Ich verwende die PCR Methode in meiner Praxis zur Detektion von Parasiten im Darm. Hier gibt es dann kein Problem bezüglich des Probenalters oder der Transportzeit. Aber auch hier ist es so, dass eine negative Probe einen Befall nicht ausschließt.
Weitere Parameter, welche auf Parasiten hindeuten sind erhöhte EPX bzw. Calprotectin Werte im Stuhl, eine Fehlverdauung z.B. von Fett, eine erhöhte Darmpermeabilität (Zonulin im Stuhl, Alpha 1 Antitrypsin im Stuhl) sowie im Blut gemessen eine Eosinopilie, ein erhöhtes ECP, ein erhöhtes Gesamt IgE, ein sogenannter Th2 Shift uvm.; Ebenso kann eine SIBO vorliegen sowie erhöhte Histaminwerte im Blut oder Stuhl sowie der Befund einer Histaminabbaustörung. Wir betrachten immer verschiedene Parameter gemeinsam und probieren so genau wie möglich die Ursache der Beschwerden zu detektieren, um dann eine maßgeschneiderte Therapie anbieten zu können. Eine saubere Differentialdiagnostik und schulmedizinische Basisuntersuchungen werden ebenso in die Befundung miteinbezogen.
Musterbefund PCR Labor BIOVIS:
Behandlung von Darmparasitosen
Die Behandlung von Darmparasitosen hängt von der Art der Beschwerden, dem jeweiligen Parasiten und dem Gesamtzustand des Patienten und seiner Krankheitsbilder ab. In der Regel wird eine Behandlung mit speziellen Medikamenten wie Antibiotika oder Antiparasitika empfohlen. Wir kombinieren Schulmedizin mit Naturheilkunde und erzielen damit gute Ergebnisse. Ebenso achten wir bei der Auswahl der schulmedizinischen Therapeutika darauf, dass das jeweilige Therapeutikum ein geringes Nebenwirkungspotential hat. Ebenso sind bei der Behandlung hygienische Regeln wichtig, ggf. auch die Mitbehandlung eines Partners oder eines Haustieres sowie eine gesunde Ernährung und ausreichende Flüssigkeitszufuhr, um den Körper zu unterstützen und die Genesung zu fördern. Gerne informieren wir Sie detaillierter bei Interesse.
Ich bedanke mich herzlich für Ihr Interesse und das Lesen unseres aktuellen Newsletters,
Mit freundlichen Grüßen,
Ihr Stefan Rohrer
P.S. Besuchen Sie auch meinen Individuelle Medizin Youtube-Channel für weitere Informationen.